Fragesteller: Julian Potthast
Im Rahmen einer Kleinen Anfrage (KA/354/XXI) richtete Julian Potthast, Fraktionsvorsitzender der AfD-Fraktion Neukölln, am 26. Juli 2024 folgende Anfrage an das Bezirksamt Neukölln:
- Seit wann ist dem Bezirksamt eine steigende Zahl von Infektionen mit dem Pilz Trichophyton tonsurans bekannt?
- Wie viele Fälle von Neuinfektionen wurden dem Bezirksamt in den Jahren 2020, 2021, 2022 und 2023 bekannt?
- An welchen Örtlichkeiten und Dienstleistungsbetrieben sieht das Bezirksamt die Infektionsquelle mit diesem Hautpilz?
- In welchem Umfang wurden die entsprechenden Örtlichkeiten und Dienstleistungsbetriebe durch das Bezirksamt auf die Einhaltung von Hygienemaßnahmen in den Jahren 2020, 2021, 2022 und 2023 überprüft?
- In welchem Umfang werden die Mitarbeiter in den entsprechenden Örtlichkeiten und Dienstleistungsbetrieben für die notwendigen Kenntnisse über Präventions- und Hygienemaßnahmen geschult?
- Wie viele Verstöße welcher Art wurden in den entsprechenden Dienstleistungsbetrieben bei Kontrollen durch das Bezirksamt festgestellt?
- Welche Sanktionen wurden bei Verstößen gegen die Auflagen durch das Bezirksamt verhängt?
- Welche weiteren Maßnahmen ergreift das Bezirksamt, um die steigende Inzidenz mit dem Pilz Trichophyton tonsurans zu verhindern?
Antwort des Bezirksamts Neukölln: KA/354/XXI vom 05.09.2024
Sehr geehrter Herr Vorsteher, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Potthast,
das Bezirksamt beantwortet Ihre Kleine Anfrage wie folgt:
Zu 1.:
Das Bezirksamt erhielt durch eine bundesweite und regionale Berichterstattung erstmals am 11.07.2024 erstmals konkrete Hinweise auf eine Zunahme von Trichophyton tonsurans-Infektionen und hat daraufhin umgehend Maßnahmen eingeleitet. Ob es tatsächlich eine ansteigende Zahl von Infektionen gibt, ist, da die Erkrankung nicht meldepflichtig ist, aus den Daten des Bezirksamtes nicht datenbasiert belegbar. Die öffentlich verlauteten Hinweise auf zunehmende Infektionszahlen werden jedoch ernst genommen. Die Kolleginnen und Kollegen im Gesundheitsamt arbeiten einerseits eng mit Betreibern und Betreiberinnen von Barbershops und Friseuren zusammen, um die Ausbreitung des Pilzes einzudämmen, und klären andererseits die allgemeine Bevölkerung bzw. Kunden und Kundinnen der Betriebe über die Ansteckung, Symptome und Vorbeugung von Infektionen auf. Die weitere Entwicklung der Situation wird beobachtet und bei Bedarf werden zusätzliche Schritte eingeleitet.
Zu 2.:
Infektionen mit Trichophyton tonsurans sind aktuell nicht meldepflichtig. Daher liegen im Gesundheitsamt die gewünschten Daten nicht vor.
Zu 3.:
Die Übertragung des Hautpilzes Trichophyton tonsurans erfolgt in der Regel durch direkten oder indirekten Kontakt mit infizierten Hautstellen oder kontaminierten Gegenständen und findet dementsprechend besonders in Einrichtungen wie Barbershops, Friseursalons, Schwimmbädern, Fitnessstudios und Sporthallen statt, können darüber hinaus aber an allen Orten, an denen enger Kontakt und die gemeinsame Nutzung von Materialien und Geräten erfolgen, stattfinden. Derzeit sind Infektionen vor allem in Freiseurbetrieben und Barbershops bekannt.
Die Betreiber dieser Einrichtungen müssen unbedingt strenge Hygienemaßnahmen einhalten und verwendete Geräte und Utensilien regelmäßig reinigen und mit geeigneten Mitteln desinfizieren, um das Infektionsrisiko zu minimieren.
Es sind insbesondere Rasiermesser, Trimmer, Scheren und Kopfhautmassagen, die ursächlich für die Übertragung des Pilzes sind, daneben können aber auch Kämme und Haarbürsten, Umhänge und Waschbecken sowie Handtücher über direkten und indirekten Kontakt die Über-tragung ermöglichen.
Die Kundinnen und Kunden sollten unbedingt auf ausreichende Körperhygiene achten und bei Verdacht auf eine Infektion umgehend einen Arzt aufsuchen. Gefährdet sind besonders Kinder, Personen mit einem geschwächten Immunsystem und Sportler. Die Infektionsgefahr kann in den warmen Sommermonaten durch die verstärkte Schweißbildung und den häufigeren Hautkontakt deutlich ansteigen.
Zu 4.:
Gemäß dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) sind die Gesundheitsämter nicht verpflichtet, routinemäßige Hygienebegehungen in Dienstleistungsbetrieben wie Barbershops durchzuführen. Etwaige Kontrollbesuche sind statistisch nicht erfasst. Kontrollen erfolgten bisher in der Regel aufgrund konkreter Beschwerden oder begründetem Verdacht und seit der Zunahme der Trichophyton tonsurans-Infektionen vermehrt sowie ohne konkreten Anlass im Rahmen der allgemeinen Überwachung.
Zu 5.:
Die Verordnung zur Verhütung übertragbarer Krankheiten bei bestimmten gewerblichen Tätigkeiten (Infektionsverhütungs-Verordnung) legt Anforderungen an die Aufbereitung, Desinfektion und Sterilisation für den Geltungsbereich der Verordnung fest, benennt Normadressaten und geeignete Standards (zu beachten sind etwa die aktuelle Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention des RKI und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte). Die Einhaltung der zu beachtenden gesetzlichen Vorgaben ist vornehmlich Aufgabe der Betriebsstättenleiter. Zusätzlich klären die Kolleginnen und Kollegen des Gesundheitsamtes im Rahmen der allgemeinen Überwachung umfangreich über die erforderlichen Präventions- und Hygienemaßnahmen auf.
Zu 6.:
2024 wurden anlassbezogene Kontrollen in Dienstleistungsbetrieben durchgeführt. Bei einer Kontrolle im Juli 2024 wurden kleinere Hygienemängel festgestellt, die jedoch umgehend behoben wurden.
Zu 7.:
Bislang wurden keine Sanktionen verhängt, weil keine Verstöße bei den durchgeführten Kontrollen festgestellt wurden, deren Sanktionierung durch das Gesundheitsamt verhältnismäßig gewesen wäre. Festgestellte Mängel wurden in jedem Fall umgehend behoben, und die Betreiber und Betreiberinnen wurden bei Bedarf nachweislich von den Kolleginnen und Kollegen des Gesundheitsamtes beraten und geschult.
Zu 8.:
Neben den o.g. Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung Trichophyton tonsurans laufen zahlreiche Aufklärungskampagnen, die sich an Betreiber und Betreiberinnen sowie Kundinnen und Kunden richten (durch Briefe, Flyer und Informationsblätter). Des Weiteren stellen die Kolleginnen und Kollegen des Gesundheitsamtes auch praktische Hilfsmittel zur Verfügung wie Musterhygienepläne und Desinfektionsmittellisten mit fungizider Wirkung.
Mit Blick auf die umfangreichen Aufgaben des Infektions- und umweltbezogenen Gesundheits-schutzes und mehreren hundert potentiell betroffenen Betrieben in Neukölln liegt der Schwerpunkt vor allem auf der Sensibilisierung der Bevölkerung, der Aufklärung über erforderliche Hygienemaßnahmen und die im Rahmen der verfügbaren Ressourcen mögliche Erhöhung des Kontrolldrucks. Dabei ist dem Bezirksamt bewusst, dass durch eine neue Priorisierung die bereits bisher zu erledigenden Aufgaben, die allesamt von erheblicher Bedeutung für die Bevölkerungsgesundheit sind, weiterhin im erforderlichen Umfang zu erfüllen sind und daher eine alleinige Schwerpunktsetzung auf eine Aufgabe nicht sinnvoll ist.
Gerrit Kringel, Bezirksstadtrat (Für den Leiter des Geschäftsbereiches Soziales und Gesundheit)