Im Rahmen einer Kleinen Anfrage (KA/276/XXI) richtete Julian Potthast, Fraktionsvorsitzender der AfD-Fraktion Neukölln, am 05. Dezember 2023 folgende Anfrage an das Bezirksamt Neukölln:
- In welchem Amt (z.B. Gesundheitsamt, Sozialamt usf.) wurden wie viele Honorarvereinbarungen in den Jahren 2020 bis 2023 abgeschlossen?
- Wie viele der unter 1) genannten Honorarverträge aus welchen Ämtern wurden auf einen Verstoß gegen die Sozialversicherungspflicht hin überprüft und in der Folge an die Deutsche Rentenversicherung gemeldet?
- Mit welchem Ziel wurden eindeutig Selbstständige der Deutschen Rentenversicherung gemeldet?
- In welchem Umfang fand nach Kenntnis des Bezirksamtes eine Berücksichtigung der pandemischen Lage seitens der Deutschen Rentenversicherung bei der Prüfung der angezeigten Honorarverträge statt?
- Gegen wie viele Bescheide der Deutschen Rentenversicherung, die einen Verstoß gegen die gesetzliche Sozialversicherungspflicht bei o.g. Honorarverträgen feststellten, hat das Bezirksamt mit welcher Begründung nachträglich Einspruch eingelegt?
- Warum wurden ausschließlich Honorarverträge aus dem Gesundheitsamt an die Deutsche Rentenversicherung gemeldet?
- Gibt es seitens des Bezirksamtes standardisierte und ggf. vom Rechtsamt überprüfte Honorarvereinbarungen, wie z.B. Musterverträge, die für die in der Antwort zu 1) genannten Verträge genutzt wurden?
- Hatte das Bezirksamt und namentlich die zuständige Dezernentin Kenntnis vom Abschluss der Honorarvereinbarungen und hat diese autorisiert?
Antwort des Bezirksamts Neukölln: KA/276/XXI vom 12.02.2024
Sehr geehrter Herr Vorsteher, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Potthast,
das Bezirksamt beantwortet Ihre Kleine Anfrage wie folgt:
Frage 1:
Stadtentwicklungsamt:
Es wurde 1 Honorarvertrag abgeschlossen.
Service Einheit Facility Management
Fehlanzeige.
Umwelt- und Naturschutzamt:
Fehlanzeige.
Straßen- und Grünflächenamt:
Fehlanzeige.
Amt für Soziales:
Es wurden 20 Honorarverträge abgeschlossen.
Gesundheitsamt:
Es wurden 61 Honorarverträge abgeschlossen.
Schul- und Sportamt:
Es wurden 54 Honorarverträge abgeschlossen.
Amt für Weiterbildung und Kultur:
Bei den Fachbereichen Bibliotheken, Kultur und Musikschule bestehen Honorarverträge für projektbezogene Aufgaben oder die Durchführung von Workshops. Es handelt sich eindeutig nicht um eine Integration in den Dienstbetrieb. Eine Scheinselbstständigkeit kann ausgeschlossen werden. Die Fachbereiche Musikschule und Volkshochschule vergeben Honorarverträge nach entsprechenden Ausführungsvorschriften und Musterhonorarverträgen.
Eine statistische Erfassung der Honorarverträge in den verschiedenen Fachbereichen existiert nicht.
Jugendamt:
Es wurden 4.357 Honorarverträge abgeschlossen, die sich wie folgt verteilen:
2020: 1098
2021: 1216
2022: 926
2023: 1117
Die im Jugendamt geschlossenen Honorarverträge betreffen überwiegend die 17 Einrichtun-gen der kommunalen Jugendarbeit bzw. Familienförderung. Ein partizipativ entwickeltes und an den Interessen der Kinder und Jugendlichen/Eltern anknüpfendes Angebot kann nicht von hauptamtlichen Mitarbeiter:innen allein gestaltet werden. Es bedarf unterschiedlicher Fähigkeiten und Fertigkeiten, aber auch Persönlichkeitsmerkmalen, um die Angebote divers und den Bedarfen entsprechend anzubieten. Aus diesem Grund arbeiten berlinweit alle Kinder- und Jugendeinrichtungen (kommunal und freie Träger) mit Honorarkräften. Dies spiegelt sich auch in den Ausführungsvorschriften für Honorare im Geschäftsbereich der Kinder- und Jugendhilfe der SenBJF (AV Hon-KJH) und den pauschalisierten Honorarsätzen wieder.
Amt für Bürgerdienste:
Fehlanzeige.
Rechtsamt:
Fehlanzeige.
Ordnungsamt:
Im Ordnungsamt wurden zwei Honorarvereinbarungen in den Jahren 2020 bis 2023 abgeschlossen.
Frage 2:
Jugendamt:
Proaktiv hat das Jugendamt keine entsprechenden Meldungen an die DRV vorgenommen, da es keine entsprechenden Verdachtsfälle gegeben hat. Das Jugendamt ist bemüht, die jeweils geltenden Regelungen insbesondere zu Scheinselbstständigkeit beim Abschluss von Honorarverträgen einzuhalten. Hierzu wurden die Arbeitsanweisung Honorare und die Vertragsformulare zuletzt in 2023 noch einmal überarbeitet, angepasst und eine Checkliste entwickelt. Die Mitarbeitenden des Jugendamts, die Honorarverträge aushandeln, werden zu Beginn der Tätigkeit und alle zwei bis drei Jahre intern geschult. Insofern ist ein sehr sorgfältiger Umgang zu den jeweils geltenden Regelungen beim Abschluss von Honorarversträgen sichergestellt.
Amt für Soziales:
Die Vertragnehmenden im Amt für Soziales werden im Vertrag über Rechte und Pflichten, auch in Bezug auf Steuern und Sozialversicherung, aufgeklärt. Anlässe für Prüfungen aufgrund von Verstößen wurden nicht festgestellt.
Gesundheitsamt:
Für das Gesundheitsamt wurden alle 61 Honorarverträge überprüft. Für alle Verträge wurde bzw. wird ein Statusfeststellungsverfahren eingeleitet. Das Statusfeststellungsverfahren dient der Feststellung, ob ein Auftragnehmer seine Tätigkeit für einen Auftraggeber im Einzelfall selbstständig oder im Rahmen eines abhängigen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausübt.
Frage 3:
Es wurden keine eindeutig Selbstständigen der Deutschen Rentenversicherung gemeldet.
Frage 4:
Das Bezirksamt hat dazu keine Kenntnis.
Jugendamt:
Es gab keine entsprechenden Fälle im Jugendamt Neukölln, die von der Deutschen Rentenversicherung geprüft wurden. Jugendamtsintern wurden alle pandemiebezogenen Ausgaben revisioniert und im Verwaltungsvorgehen als der Lage angemessen eingeschätzt.
Frage 5 :
Jugendamt:
Bezogen auf Honorarverträge des Jugendamtes wurde in einem Fall Einspruch eingelegt.
Der Entscheidung der Deutschen Rentenversicherung, dass nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung überwiegen, konnte das Bezirksamt nicht folgen. Das Bezirksamt hat insbesondere Einspruch eingelegt, da eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation als nicht gegeben angesehen wurde.
Gesundheitsamt:
Das Bezirksamt hat gegen zwei Bescheide der Deutschen Rentenversicherung Widerspruch eingelegt.
Frage 6:
Im Bereich Gesundheitsamt wurden vermehrt kritische Honorarverträge bekannt. Dies war in den anderen Ämtern nicht der Fall.
Jugendamt:
Es bestanden keine Verträge mit entsprechenden Verdachtsmomenten.
Frage 7:
Dem Rechtsamt wurden in der Vergangenheit Muster-Honorarverträge zur Prüfung übersandt. Im Zuge dessen hat das Rechtsamt regelmäßig darauf hingewiesen, dass der Abschluss von Honorarverträgen grundsätzlich kritisch ist. Überdies ist für die rechtliche Einstufung als scheinselbstständig nicht der Vertrag, sondern der tatsächliche Einsatz von Auftragnehmenden entscheidend. Das Rechtsamt hat keine Kenntnis darüber, ob die zur Prüfung übersandten und geprüften Verträge in allen Fällen auch durch die zuständigen Verwaltungseinheiten übernommen wurden.
Jugendamt:
Das Jugendamt nutzt einen für den Geschäftsbereich standardisierten Mustervertrag, der mit dem Rechtsamt abgestimmt ist. Dieser wurde in 2023 noch einmal modifiziert.
Schul- und Sportamt:
Im Schul- und Sportamt werden standardisierte Honorarvereinbarungen verwendet.
Amt für Weiterbildung und Kultur:
Die Fachbereiche Musikschule und Volkshochschule vergeben Honorarverträge nach entsprechenden Ausführungsvorschriften und Musterhonorarverträgen.
Frage 8:
Das Bezirksamt kann die Frage nur für aktuell gewählte Dezernent:innen beantworten.
Stadtentwicklungsamt:
Ja
Amt für Soziales und Gesundheitsamt:
Seit Amtsantritt am 24. Mai 2023 hat der Bezirksstadtrat für Soziales und Gesundheit Kenntnis von ab diesem Zeitpunkt abgeschlossenen Honorarverträgen in seinem Geschäftsbereich. Selbst autorisiert hat er drei Honorarverträge in 2023.
Schul- und Sportamt:
Ja.
Amt für Weiterbildung und Kultur:
Im Jugendamt erfolgt aufgrund der Vielzahl der Verträge keine Autorisierung einzelner Honorarverträge durch die Dezernentin.
Jugendamt:
Im Jugendamt erfolgt aufgrund der Vielzahl der Verträge keine Autorisierung einzelner Honorarverträge durch die Dezernentin.
Martin Hikel, Bezirksbürgermeister