Fragesteller: Julian Potthast
Im Rahmen einer Kleinen Anfrage (KA/169/XXI) richtete Julian Potthast, Fraktionsvorsitzender der AfD-Fraktion Neukölln, am 17. Januar 2023 folgende Anfrage an das Bezirksamt Neukölln:
1. Wie hoch war im Jahr 2022 der Personalaufwand zur Versorgung ukrainischer Kriegsflüchtlinge im Bezirksamt Neukölln (Bitte nach den monetären Kosten und dem Aufwand an Personalstellen aufschlüsseln)?
2. Wie hoch waren die Gelder im Jahr 2022, die das Neuköllner Sozialamt an die ukrainischen Kriegsflüchtlinge im Bezirk ausgezahlt hat (Geldleistungen)?
3. Wie hoch war der finanzielle Aufwand des Bezirksamtes Neukölln für die Unterbringung der ukrainischen Kriegsflüchtlinge im Jahr 2022?
4. Wie hoch waren die Ausgaben für geduldete (ausreisepflichtige) Ausländer im Jahr 2022 im Bezirk Neukölln (Bitte die einzelnen Sozialleistungen und deren jeweilige Höhe aufschlüsseln)?
5. Wie viele Migranten erhielten in den Jahren 2020, 2021 und 2022 im Bezirk Neukölln Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz?
6. Wie hoch waren die monetären Aufwendungen für Migranten in den Jahren 2020, 2021 und 2022, die Leistungen nach Asylbewerberleistungsgesetz im Bezirk Neukölln erhielten (Bitte die Kosten nach den jeweiligen Jahren und Sozialleistungen aufschlüsseln)?
7. Wie viele EU-Bürger aus Bulgarien und Rumänien erhielten in den Jahren 2020, 2021 und 2022 Leistungen nach dem SGB II im Bezirk Neukölln (Bitte nach den jeweiligen Jahren aufschlüsseln)?
8. Auf welche Höhe belaufen sich die Kosten nach dem SGB II im Bezirk Neukölln für die EU-Bürger aus Bulgarien und Rumänien für den oben genannten Zeitraum (Bitte nach den Jahren und der Höhe der jeweiligen Kosten aufschlüsseln)?
Antwort des Bezirksamts Neukölln: KA/169/XXI vom 27.02.2023
Sehr geehrter Herr Vorsteher, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Potthast,
Ihre Fragen können aus dem Bezirksamt vorliegenden Erkenntnissen nicht vollständig beantwortet werden. Ich habe daher das Jobcenter Neukölln um Unterstützung gebeten, das zu den Antworten auf die Fragen 7 und 8 zugeliefert hat.
Das Bezirksamt beantwortet Ihre Kleine Anfrage wie folgt:
Zu 1.:
Im Geschäftsbereich Soziales wurden im Jahr 2022 zur Bewältigung der erheblichen Mehrbelastung infolge des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges gegen die Ukraine und der daraus entstehenden Fluchtbewegungen Beschäftigungspositionen eingerichtet. Hierfür gibt es eine Basiskorrekturzusage der Senatsfinanzverwaltung vom 04.03.2022.
Folgende Beschäftigungspositionen wurden eingerichtet:
Drei Beschäftigungspositionen nach E6 bewertet. Diese wurden zum 24.10.2022 sowie zum 01.11.2022 eingestellt. Es entstanden Kosten in Höhe von insgesamt 28.681,33 €. Des Weiteren wurden sieben Beschäftigungspositionen mit einer Bewertung nach E9 zum 22.08.22, 01.09.2022 sowie zum 15.09.2022 eingestellt. Hierfür entstanden Kosten für das 2022 in Höhe von insgesamt 132.374,34 €.
Seit Ende Februar 2022 sind jedoch alle Kolleginnen und Kollegen gezwungen gewesen, innerhalb kurzer Zeit neue und belastbare Bearbeitungsmechanismen aufzubauen und zu etablieren und diese auch personell so zu stützen, damit die hohe Zahl der vorsprechenden geflüchteten Menschen angemessen betreut und ihre Anliegen bearbeitet werden können. Dabei ist nicht nur die reine Menge der vorsprechenden Personen durch die Kolleginnen und Kollegen zu betreuen, auch inhaltlich gilt es, den sich seit Ende Februar 2022 ständig wechselnden rechtlichen Rahmenbedingungen gerecht zu werden und den vorsprechenden Menschen die Leistungen zukommen zu lassen, die ihnen zustehen.
Kolleginnen und Kollegen aus allen Bereichen im Amt für Soziales haben tageweise bei der dringenden Bearbeitung für die Ukraine-Hilfe ausgeholfen. Eine genaue Bezifferung des Personalaufwandes ist hier jedoch nicht möglich. Der Personalaufwand in der Flüchtlingskoordination/Ukraine Hilfsteam im Geschäftsbereich des Bezirksbürgermeisters stellte sich wie folgt dar:
1 Stelle E8 für 6 Monate = 27.970 €
1 Stelle E9b für 10 Monate = 47.617 €
1 Stelle E11 für 6 Monate = 34.240 €
Die Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten aus der Ukraine erfolgt durch das sogenannte UMA Team im Geschäftsbereich Jugend und Gesundheit, ein Team von drei Sozialarbeiterinnen. Der Anteil des Arbeitsaufwands der Mitarbeiterinnen lag bei ca. 1/5 der regulären Arbeitszeit in 2022.
Bei Jahresdurchschnittskosten (AG Brutto) von 62.000 € pro Sozialarbeiterin, ergibt sich für die Betreuung der minderjährigen unbegleiteten Geflüchteten aus der Ukraine 2022 ein Personalaufwand von etwa 37.200 €.
Für den Geschäftsbereich Bildung, Schule, Kultur und Sport kann das Bezirksamt mitteilen, dass an der Jugendkunstschule im Rahmen des Integrationsfonds Kunst-Workshops mit Willkommensklassen durchgeführt wurden, an denen immer auch Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine teilnehmen. Da es sich nicht um ein Angebot handelt, das sich spezifisch an Geflüchtete aus der Ukraine richtet, können Kosten und Personalaufwand nicht genau beziffert werden.
Die Volkshochschule hat im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags Beratungen und Kursangebote im Bereich „Deutsch als Zweitsprache“ im Rahmen der verfügbaren Mittel angeboten. Zwar war der prozentuale Anteil von Menschen mit ukrainischer Staatsbürgerschaft deutlich höher als in den Vorjahren. Doch handelt es sich dabei nicht um einen Sonderaufwand. Auch wenn keine Geflüchteten aus der Ukraine eingetroffen wären, wäre der gleiche personelle Aufwand angefallen.
Im Bereich Schulorganisation werden Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine laufend mit Schulplätzen insbesondere in Willkommensklassen versorgt. Hiermit ist momentan eine Mitarbeiterin mit nahezu 100% der Arbeitszeit befasst. Auch im Bereich Schulbewirtschaftung sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der Versorgung von ukrainischen Schülerinnen und Schülern befasst; zudem wenden die Führungskräfte (Leitung der Schulorganisation, des Fachbereichs Schule sowie des Schul- und Sportamts) einen nicht unbeträchtlichen (aber schwer zu beziffernden) Teile ihrer Arbeitszeit für die Versorgung von ukrainischen Schülerinnen und Schüler auf (etwa für die notwendige Koordination mit anderen Bezirken).
Zu 2.:
Es ist systemseitig keine Unterscheidung zwischen ukrainischen Kriegsflüchtlingen und sonstigen Asylbewerbern möglich, daher ist eine Auswertung im Sinne der Fragestellung nicht möglich.
Für laufende Leistungen nach dem AsylbLG wurden in 2022 insgesamt 7.877.375 € verausgabt.
Zu 3.:
Auch hier ist keine Unterscheidung möglich, siehe Frage 2.
Für Unterbringungen nach dem AsylbLG wurden insgesamt 2.245.375 € in 2022 verausgabt, wobei Kosten der Unterkunft in Mietwohnungen in den laufenden Leistungen (Summe zu Frage 2) enthalten sind.
Zu 4.:
Es gibt systemseitig keine Auswertungsmöglichkeit nach diesen Kriterien. Hinsichtlich der Kosten für laufende Leistungen gesamt und Unterbringungen wird auf die Beantwortung der Fragen 2 und 3 verweisen.
Zu 5.:
Auch hier ist keine hinreichend genaue Aussage möglich, da das Produkt 80013 – Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz – in der Kosten- Leistungsrechnung keine Personen, sondern monatliche Fälle (Aktenzeichen) zuzüglich der Anzahl der Haushaltsangehörigen (Gesamtzahl der Hilfeempfänger abzüglich Anzahl der Fälle) zu 25 Prozent, die tatsächlich Leistungen erhalten haben, erfasst.
Im gesamten Jahr 2020 betrug diese gewichtete Zahl 7.448.
Im gesamten Jahr 2021 betrug diese gewichtete Zahl 8.590.
Im gesamten Jahr 2022 betrug diese gewichtete Zahl 16.314.
Zu 6.:
Reguläre Kosten der Unterkunft in Mietwohnungen sind in den laufenden Leistungen enthalten nicht in den Kosten für Unterbringungen. Einmalige Beihilfen sind dabei nicht enthalten, da sie statistisch nicht erfasst werden.
Zu 7.:
Gemäß der Auswertung vom Statistik-Service der Bundesagentur für Arbeit ergibt sich im Jahresdurchschnitt (JD) folgende Anzahl an regelleistungsberechtigten EU-Bürgern aus Bulgarien und Rumänien für das Jobcenter Berlin Neukölln. Regelleistungsberechtigte (RLB) sind Perso-nen mit Anspruch auf Arbeitslosengeld II (ALG II) oder Sozialgeld. Dazu zählen Personen, die Anspruch auf Regelbedarf, Mehrbedarfe oder Kosten der Unterkunft haben. Sie können darüber hinaus ggf. auch einmalige Leistungen beanspruchen.
Hinweis: Der Jahresdurchschnitt für das Jahr 2022 ergibt sich aus den Monaten Januar 2022 bis Ok-tober 2022. Gesicherte statistische Aussagen über Entwicklungen im Zeitverlauf lassen sich im Bereich der Grundsicherungsstatistik nach dem SGB II aufgrund der operativen Unterer-fassungen (z. B. verspätete Antragsabgabe oder zeitintensive Sachverhaltsklärung) nur über Zeiträume treffen, die drei Monate zurückliegen; z.B. werden Daten für den Berichtsmonat Dezember 2022 erst auf Basis der Daten mit Datenstand März 2023 berichtet.
Zu 8.:
Die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ist von verschiedenen Faktoren abhängig und schlägt sich nieder in der Bedürftigkeitsprüfung. Aus dem ermittelten Bedarf und dem anzurechnenden Einkommen ergibt sich der Leistungsanspruch. Durch Sanktionierung kann sich der Anspruch reduzieren; am Ende der Berechnungskette ergibt sich folgender Zahlungsanspruch für die leistungsberechtigten EU-Bürger aus Bulgarien und Rumänien für das Jobcenter Berlin Neukölln:
Hinweis:
Der Werte für das Jahr 2022 ergeben sich aus den Durchschnittswerten der Monate Januar 2022 bis Oktober 2022.
Falko Liecke, Bezirksstadtrat