Fragesteller: Julian Potthast
Im Rahmen einer Kleinen Anfrage (KA/492/XXI) richtete Julian Potthast, Fraktionsvorsitzender der AfD-Fraktion Neukölln, am 15. Juli 2025 folgende Anfrage an das Bezirksamt Neukölln:
- Wie beurteilt das BA die Situation von Rattenbefall am Hermannplatz vor allem vor dem Hintergrund der Gesundheit von Anwohnern und Passanten?
- Wieso hat das BA erst kürzlich Maßnahmen gegen den Rattenbefall eingeleitet, obwohl der Befall seit Langem bekannt ist?
- Wieso hat das BA Schilder mit dem Hinweis, keine Ratten zu füttern, in Englisch aufgestellt, wo doch die Amtssprache in Deutschland Deutsch ist?
- Wie erklärt das BA, dass überhaupt Hinweisschilder „keine Ratten zu füttern“ aufgestellt werden mussten?
- Aus welchen Gründen füttern Menschen am Hermannplatz Ratten aus Sicht des BA?
- Ab wann ist mit ersten Ergebnissen der eingeleiteten Maßnahmen zu rechnen?
- Was beabsichtigt das BA gegen einen weiteren Ort von Rattenbefall – rund um den U-Bahnhof Britz-Süd – zu unternehmen?
- Gibt es seitens des BA eine Strategie, künftig öffentliche Orte im Bezirk vor Rattenbefall zu schützen?
Antwort des Bezirksamts Neukölln: KA/492/XXI vom 15.09.2025
Sehr geehrter Herr Vorsteher, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Potthast,
das Bezirksamt beantwortet Ihre Kleine Anfrage wie folgt:
Zu 1.:
Ratten sind Gesundheitsschädlinge, über die Krankheitserreger auf den Menschen übertragen werden können oder die über ihren Kot und Urin Lebensmittel unbrauchbar machen. Die nicht nur in Neukölln, sondern in ganz Berlin und allen Großstädten Europas verbreiteten Wander-ratten sind Überträger diverser viraler sowie bakterieller Infektionen, darunter Hantavirusinfektion, Leptospirose, Toxoplasmose, Cholera, Salmonellen aber auch von Tierseuchen, wie Schweine- und Geflügelpest. Das Risiko einer direkten Übertragung auf den Menschen oder indirekt über Lebensmittel steigt mit der Größe der Rattenpopulation in Verbindung mit den Umgebungs- und Umweltbedingungen. Daher sind präventive Maßnahmen einzuleiten, um einer Übertragung o.g. Infektionserkrankungen auf den Menschen vorzubeugen.
Zu 2.:
Der Bezirk Neukölln führt schon seit einiger Zeit am Hermannplatz Maßnahmen zur Rattenbekämpfung durch. Insofern trifft die Grundannahme der Frage, wie bereits im Gesundheitsausschuss am 15. Juli 2025 berichtet, nicht zu. Die Bekämpfung umfasst Maßnahmen gegen das Auftreten, die Verbreitung (hierzu zählen auch bauliche und infrastrukturelle Maßnahmen) und auch zur Vernichtung von Gesundheitsschädlingen. Letztere umfasst u.a. Bekämpfungsmaßnahmen durch das gezielte Ausbringen von Rodentiziden um der wachsenden Population entgegenzuwirken. Der Erfolg eingeleiteter Maßnahmen hängt dabei maßgeblich auch von der Unterstützung der Bevölkerung ab. Neben der Zerstörung und Manipulation von Köderboxen konterkariert das Ausbringen von potenziellen Nahrungsquellen die bezirklichen eingeleiteten Maßnahmen. Insbesondere auf dem Hermannplatz wurde das Nahrungsangebot durch fahrlässig ausgebrachte oder mutwillig verteilte Lebensmittel- und Futterquellen für die Ratten zu groß, sodass das Bezirksamt sich dazu entschieden hat, eine Allgemeinverfügung für den Platz zu erlassen. Die Anordnungen sollen das Nahrungsangebot für Ratten erheblich reduzieren und so die Rattenpopulation und die damit einhergehenden Gesundheitsgefahren auf dem Hermannplatz zusammen mit den bereits eingeleiteten Maßnahmen bekämpfen.
Zu 3.:
Wie treffend festgestellt, werden die Maßnahmen von der Plakatkampagne „Füttere keine Ratten“ begleitet. Diese machen die Passanten auf Deutsch, Englisch und Türkisch darauf aufmerksam, dass das offene Füttern von Vögeln, das Wegwerfen von Lebensmitteln in die Umgebung oder eine unbedachte Müllentsorgung den Anstieg der Rattenpopulation begünstigt. Die Plakatmotive sind dem Bezirk von der Kampagne für ein nachhaltiges Ratten-Management (KaRMa) des Umweltbundesamtes zur Verfügung gestellt worden.
Mehrsprachige Plakate machen eine Aufklärungskampagne zugänglicher und wirksamer. Sie stellen sicher, dass wichtige Informationen möglichst viele Menschen erreichen – unabhängig von ihrer Herkunft oder Sprachkompetenz. Sie helfen, Sprachbarrieren zu überwinden und erhöhen damit die Wahrscheinlichkeit eines regelkonformen Verhaltens. Adressatengerechte Kommunikation erhöht die Wirkung der Kampagne. Wenn mehr Menschen die Inhalte verstehen, steigt deren Reichweite und Effektivität. Missverständnisse werden reduziert und die gewünschte Verhaltensänderung wird wahrscheinlicher.
Im Zusammenhang mit der seit dem 1. Juli 2025 geltenden Allgemeinverfügung ist die Verwendung mehrsprachiger Plakate besonders bedeutend, weil eine Allgemeinverfügung ein konkretgenereller Verwaltungsakt ist, der für eine unbestimmte Vielzahl von Adressaten gilt. Wenn die adressierten Personen die Inhalte aufgrund sprachlicher Barrieren nicht verstehen, kann das zu unbeabsichtigten Verstößen führen. Mehrsprachige Plakate können helfen, solche Situationen zu vermeiden.
Besonders bei Allgemeinverfügungen im Bereich Gesundheitsschutz, Sicherheit oder Ordnung ist es entscheidend, dass alle Menschen die Maßnahmen verstehen, um sich selbst und andere zu schützen.
Zu 4.:
Hinweisschilder gegen das Füttern von Ratten sind notwendig, um aufzuklären, die Gesundheit zu schützen, Rattenplagen zu verhindern und das Verhalten der Bevölkerung zu lenken. Sie sind ein einfacher aber wirksamer Beitrag zur Sauberkeit und Sicherheit im öffentlichen Raum.
Viele Menschen füttern Ratten unbewusst, etwa durch achtlos weggeworfene Essensreste, offenes Liegenlassen von Müll, oder das Füttern von Vögeln mit ungeeignetem Futter. Über den reinen Verstoß der unerlaubten Müllentsorgung hinaus sind sie sich oft nicht bewusst, welche konkreten Gefahren damit einhergehen. Hinweisschilder klären auf, dass solche Handlungen Ratten anlocken und damit zu Gesundheitsgefahren führen können. Sie dienen also der Prävention und dem Schutz der öffentlichen Gesundheit und können bei der Eindämmung von Rattenpopulationen unterstützen.
Der Bezirk investiert viel in Schädlingsbekämpfung. Diese Maßnahmen funktionieren aber nur, wenn die Bevölkerung mitmacht. Hinweisschilder fordern zum verantwortungsvollen Verhalten auf und unterstützen so öffentliche Maßnahmen.
Zu 5.:
Hierzu liegen dem Bezirksamt keine belastbaren Erkenntnisse vor.
Zu 6.:
Ein Zeitpunkt für das Eintreten von positiven Ergebnissen aufgrund der eingeleiteten Maßnahmen kann nicht punktuell festgelegt werden. Vielmehr muss angenommen werden, dass das Zusammenwirken vorbeugender (dazu zählt auch die Allgemeinverfügung) und die Rattenpopulation reduzierender Maßnahmen zu einem Absinken der Gesamtpopulation der Ratten am Herrmannplatz führen wird. Durch die gezielte Sensibilisierung der Bevölkerung durch präventive und repressive Maßnahmen ist zudem eine grundsätzliche Verhaltensveränderung – auch über den Hermannplatz hinaus – denkbar.
Zu 7.:
Insofern weitere Orte in örtlicher Zuständigkeit des Bezirksamtes Neukölln durch einen massiven Befall mit Gesundheitsschädlingen betroffen sind, können wie in Frage 2 beschriebene Maßnahmen angeordnet werden.
Des Weiteren teilte der GB SUV mit, dass der Rattenbefall rund um den U-Bhf. Britz bekannt ist und regelmäßig die Bekämpfung eingeleitet wird. Diese erfolgt punktuell, kurzfristig und immer anlassbezogen. Es werden dazu zertifizierte Fachfirmen beauftragt, die im Rahmen der gesetzlichen Regelungen die Bekämpfung übernehmen.
Zu 8.:
Für die Umsetzung eines strategischen Handlungskonzeptes zur Eindämmung der Rattenpopulation bedarf es einer engen Abstimmung und Zusammenarbeit verschiedener Fachressorts, Behörden und relevanter zivilgesellschaftlicher Akteure. Es erfordert klare Zuständigkeiten, abgestimmte Handlungsstrategien, wissenschaftliche Grundlagen sowie eine kontinuierliche Kommunikation und Koordination auf gesamtstädtischer Ebene. Es handelt sich also um eine gesamtstädtische Aufgabe und kann nicht allein durch einen Bezirk umgesetzt werden.
Gleichwohl arbeitet das Bezirksamt daran, für den Bezirk eine Verbesserung der in Rede stehenden Problemlage zu erreichen. Hier wären z.B. die Kampagne Null Müll Neukölln zu nennen oder die verstärkte Übernahme der Reinigung der geschützten Grünanlagen durch die BSR. Eine ressortübergreifende Abstimmung zu den Themen findet in Neukölln im Rahmen der AG Sozialraumorientierung statt. Hier treffen sich alle Fachämter des Bezirksamtes und besprechen die Risiken, Herausforderungen aber auch Stärken der jeweiligen Bezirksregionen.
Die Ursachen für erschwerte Rattenbekämpfung sind vielfältig. Neben der alltäglichen Unachtsamkeit sowie gezielter Missachtung des öffentlichen Raums als Lebensraum für alle Menschen dieser Stadt, ist auch das Füttern von Ratten und Tauben ein Risiko, das – beispielsweise mit der zum 1. Juli 2025 erlassenen Allgemeinverfügung zur Reduzierung der Rattenpopulation auf dem Hermannplatz – gezielt einzudämmen ist.
Hannes Rehfeldt, Bezirksstadtrat
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